Donnerstag, 7. November 2013

Agora 2013

Seit 2011 veranstaltet das europäische Parlament einmal jährlich Agora, wo junge Menschen die Möglichkeit haben, ein Thema zu debattieren und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Das diesjährige Thema ist Jugendarbeitslosigkeit.



Ein bisschen Statistik: Die Jugendarbeitslosigkeit in Europa ist auf einem Allzeithoch, in Griechenland sind etwa 60% aller jungen Menschen Arbeitslos! Österreich ist mit 9,2% (Stand Juli 2013) eine Insel der Seeligen.



Hauptproblem sind sogenannte NEETs - das seht für not employed, not in education or training. Die Zahl der NEETs in Europa ist erschreckend - 12,9% der europäischen Bevölkerung fällt darunter. Was sind die Gründe für diese Arbeitslosigkeit? Da sind sich Experten nicht einig. Als sicher gilt jedoch, dass ein niedriger Bildungsgrad mit einer erhöhten Chance auf Arbeitslosigkeit einhergeht.

Interessant auch der Fakt, dass Jugendarbeitslosigkeit, vor allem in Südeuropa, immer relativ hoch war, Ende der 60er sowie Anfang der 90er gab es ähnlich hohe Jugendarbeitslosigkeit wie heute.

Die Lösungen der Komission sind eher homöopathisch - Doris Pack, konservative Parlamentarierin aus Deutschland pries zB den Europäischen Freiwilligendienst als Schlüssel zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit. Ich stimme dem nicht zu. Auch die Ausweitung von Praktika und dergleichen seh ich sehr skeptisch.  Überhaupt merkt man hier eine konservative Hegemonie: ein weiterer Lösungsansatz war, dass junge, arbeitslose Menschen sich doch selbstständig machen sollen. Auch erhöhte Mobilität wurde vorgeschlagen. Das ist meiner Meinung nach aus mehreren Gründen problematisch: Zum einen führt es zu einem massiven Brain Drain, der sich zB gut in Bulgarien beobachten lässt, zum anderen werden Menschen gezwungen, sich Jobs anzupassen. Die Lösung kann doch nicht sein, dass Arbeitslose quer durch Europa reisen müssen, um einen akzeptablen Job zu finden!

Ich bin der Meinung, dass vor allem mit Vollzeitjobs geholfen werden muss. Wichtig sind gut bezahlte Vollzeitjobs - Kettenarbeitsverträge, befristete Dienstverhältnisse, Traineeships, das sind Jobs die junge Menschen hauptsächlich ausbeuten. Vielen bleibt aber nichts anderes übrig...

Ein paar erschreckende Redebeiträge gab es dann gestern auch noch - so war ein Teilnehmer der Meinung, dass es ohnehin zu viele gut ausgebildete Menschen in Europa gibt, und viel zu viele menschen nicht in ihrer Heimat arbeiten.

Tag zwei beginnt mit einer Überraschung. Das europäische Parlament inBrüssel ist schon ein bisschen älter, und deshalb wurden in viele Sitzungsräume nicht wirklich viele Steckdosen eingebaut, Gestern musste ich aufhören von der Konferenz zu twittern, weil mein Notebook ohne Akku war. Heute in der Früh bekomm ich einen Platz mit Steckdose :)

Seit knapp drei Stunden diskutieren wir nun über den Zugang zum Arbeitsmarkt für junge Menschen. Hauptsächlich gehts dabei um Praktika - die Teilnehmer sind nahezu geschlossen der Meinung, dass unbezahlte Praktika ein Riesenproblem für junge Menschen sind, weil die dadurch in einer Spirale voller un- oder schlecht bezahlter Jobs geworfen werden.  Ich freu mich jedenfalls auf die weitere Diskussion heute und was dabei rauskommt. Die Richtung jedenfalls stimmt.

Problematisch ist auch, dass Arbeitslosigkeit immer noch als Nationalstaatliches Problem gesehen wird.  Direkte Programme gegen Arbeitslosigkeit gibt es kaum, die viel besungene Jugendgarantie ist mit lächerlichen 6 Milliarden Euro ausgestattet. Dass die Jugendarbeitslosigkeit meiner Meinung nach auch von einer Austeritätspolitik kommt, ist hingegen kaum Thema...

Die Konferenz kann man auch im Webstream verfolgen: http://www.europarl.europa.eu/ep-live/en/schedule?filterBy=other (ich sitz im Panel 2), der Hashtag ist #agora2013

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