Mittwoch, 10. Oktober 2012

Politik Bizarro

Österreichs Politik ist mitunter etwas bizarr. Da gibt es zum Beispiel einen Landeshauptmann, dem ein Gericht attestierte, er sei geistig nicht in der Lage, das Ausmaß seiner Taten zu verstehen. Neben den unzähligen Ewiggestrigen gibt es noch Parteien, die ihre Meinung jeweils über Nacht um 180 Grad ändern, eine Zeitung, die in engem Verhältnis zum Kanzler steht und versucht, Politik zu machen, es gibt es auch einen Abgeordneten, der das Parlament mit der Wünschelrute untersucht hat, und allerlei sonstigen Skurilitären. Aber das alles verblasst gegen den jüngsten Quereinsteiger der österreichischen Politik.

Auftritt Frank Stronach.

Der Austrokanadier Frank Stronach, geboren 1932, will Österreich dienen, und geht desshalb in die Politik. Mit seinem "Team Stronach für Österreich" will er die Parteienlandschaft aufmischen, und es gelingt ihm auch. Zwar hat er sich hauptsächlich ehemlage Hinterbänkler geholt (so auch den Mandatar mit der Wünschelrute, Gerhard Köfer), aber sämtliche Medien berichten von seinem Vorhaben.

Dabei gab sich Stronach lange kryptisch, ob er in die Politik will oder nicht, wie er in einem sehr bemerkenswerten Interview in der ZIB 2 sagt:


Dieses Interview zeigt, welchen Geistes Kind Stronach ist. Er sieht sich als Mäzen, als Sponsor, als Übervater, als guter Onkel. Und deshalb haben die Leute auch zuzuhören. Schließlich hat er es zum Milliardär gebracht, und das soll gewürdigt werden. Vor ein paar Tagen war es schließlich soweit: Das "Team Stronach" wurde beim Ministerium gemeldet, und die Satzungen hinterlegt.

Warum Stronach so gut ankommt, darüber haben zB schon Martin Blumenau oder Paul Aigner gebloggt: Es ist diese "Nix-scheissen"-Mentalität, dazu ein bisschen Underdog-Gehabe, ein bisschen Haider-Flair, und das Märchen vom Tellerwäscher um Milliardär. Gepaart mit der latenten Unterwürfigkeit der ÖsterreicherInnen gegenüber scheinbaren Autoritäten ergibt das eine gefährliche Mischung. Denn dass sich die Bevölkerung nach Alternativen sehnt, hat schon die Hysterie um die Piraten gezeigt. Die klassischen Großparteien sind tot, sie wollens aber nicht wahrhaben. Die Alternativen wäre der Braune Dreck von FPÖ/BZÖ oder die Grünen, die aus unterschiedlichsten Gründen stagnieren. Da kommt Stronach als Hecht im Karpfenteich, und bringt scheinbar frischen Schwung in die Politik. In Umfragen fällt Stronach 23% der Bevölkerung positiv auf - das ist mit Abstand der beste Wert unter allen vertretenen Politikern.

Auch auf Unterstützung der Medien kann er sich verlassen, das heilge Triumvirat des Boulevards, "Krone", "Heute" und "Österreich" garantieren ihm die nötigen Zeilen. Das nimmt oft kuriose Züge an:



Mittlerweile hat sich Stronachs Wirken bis nach Deutschland herumgesprochen, wo er bei Sandra Maischberger zum Talk geladen wurde. Der Spiegel schreibt am nächsten Tag über die Diskussionsrunde:
Weshalb er in dieser Runde saß, blieb unerfindlich. Falls Frau Maischberger demonstrieren wollte, auf welch niedrigem gedanklichem Level sich jemand über die Euro-Krise auslassen kann, so ist ihr dies jedenfalls vollauf gelungen. Gegen diese These sprachen allerdings das unverhohlene Interesse und die Zeit, die sie diesem sehr speziellen Gast widmete. Als wäre sie plötzlich in die Rolle der Jungreporterin irgendeines People-Magazins geschlüpft, befragte sie den Selfemademan und Selbstdarsteller in einer Ausführlichkeit, die unter anderem auf eine bemerkenswerte Unhöflichkeit gegenüber den anderen Anwesenden hinauslief.
Vor allem aber bot sie einem eitlen Möchtegern-Politiker mit hoch bedenklichen Ansichten ein Podium, auf dem er nicht nur unbehelligt, sondern auch noch von der Gastgeberin ermuntert seine Schwadronade herunterknödeln durfte. Dabei klang er teilweise wie die Mischung aus einem Wiedergänger des unseligen Jörg Haider und einem amerikanischen Erweckungsprediger.
Was sind nun Stronachs Positionen? Es ist zu befürchten, dass er vieles aus dem rechten Lager übernimmt, schließlich hat er dort viele Freunde - und hatte für viele von ihnen Jobs parat, als es mit der Politik gerade nicht so klappen wollte. Die Liste ist lang: Grasser, Westenthaler, Reichold, Klasnic, Paierl, ... Letzten Endes ist Stronach die Partei. Er erwartet sich Gehorsam, er hält seine Ideen für genial und wird Politik nicht verstehen. Ein Staat lässt sich eben nicht wie ein Konzert führen. Bis das klar wird, werden aber viele Kollateralschäden entstehen.

Wer noch einen kurzen Einblick in die Welt Stronachs bekommen will, der sollte sich die Sendung "Im Zentrum" ansehen:



PS: Lustiges Detail am Rande: Die  Werte des Team Stronach "Wahrheit, Transparenz, Fairness" ergeben abgekürzt WTF. Das triffts ziemlich gut.

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